Krisen: Der Kapitalismus soll endlich Solidarität zeigen…


Es fehle der Mut - auch der derzeitigen Koalition - den Kapitalismus - wer immer das ist - zur Solidarität sanft zu zwingen

Die Süddeutsche befasst sich mit Lindner, positiv und bemängelt andererseits, er fordere den Kapitalismus zu wenig. Und getraut- darf ich hinzufügen - sich nicht mal zu definieren, wer denn eigentlich „reich“ sei. Herr Lindner handelte pragmatisch … und hätte die Schuldenbremse über Bord geworfen hört man aus dem ör Fernsehen …

Ist Feuerlöschen durch die Feuerwehr pragmatisch oder Auftrag?

Handelt eine Feuerwehr pragmatisch, wenn sie ausrückt? Ich denke, die handelt auftragsgemäß. Wenn ein Politiker eine Maßnahme, die für die Zeitläufe N (wie normal) gedacht ist, abweicht, weil wir uns in der Situation K (Krisen) befinden, dann hat er dafür nicht hämisch kommentiert zu werden, dann sollte ihm Qualität attestiert werden, gilt auch für Frau Shakuntala Banerjee. Herr Lindner tat nichts anderes, als die Situation erforderte, wenn -zumeist externe- Probleme größten Ausmaßes hereinbrechen, wie Pandemie, Klimakrise, Energiewende, Krieg, Rückgang der arbeitsfähigen Bevölkerung, Rentenlasten usf.. Ob die Infrastruktur pauschal marode ist, wie die Presse so gerne hervorhebt,bezweifle ich - mit Blick auf andere EU-Länder.

Was geschieht, jede Herausforderung wird mit Schulden gekontert, ist das klug? ?

Ist jede Herausforderung mit Schulden zu kontern? Um ehrlich zu sein, wir sind bisher nicht im Mindesten bereit auch nur das kleinste Opfer zu bringen, weder beim Fleischkonsum noch beim SUV, noch bei der 20° Grenze im Wohnzimmer. Das ist m.E. ein Webfehler der Demokratie: Dem Wähler bloß nichts abverlangen! Abwahl droht.

Schulden alternativlos – bis zu einem gewissen Grade ja, aber nur bis dahin

Was tut die Eigentümergemeinschaft einer Wohnanlage, wenn große Sanierungen anstehen? Ja, es wird eine Sonderumlage erhoben. In der Demokratie ist das offenbar nicht möglich. Wir hätten schon eine hohe Abgabenlast? Gefühlt, immer. Woran macht sich das fest? Am Bauchgefühl? Oder an den anstehenden Herausforderungen? An diesen gemessen zahlen wir m.E. (zu-)wenig Steuern.

Die Reichen sollen ran, wer ist das genau?

Wer das sein soll, das wollen weder die Politik noch die Journalisten definieren. Mein Vorschlag: 15% der Steuerpflichtigen seien gut situiert bis reich. Das sind heute knapp 7 Millionen Menschen. Die könnten eine Sonderumlage von im Schnitt 10 000 € leisten, das brächte 70 Milliarden. Und das alle 10 Jahre. Warum nicht?

Ja, die „Reichen“, sollten aus sozialhygienischen Gründen in schweren Zeiten etwas mehr finanzielle Solidarität zeigen.

Schon die Römische Republik scheiterte daran , dass kein annehmbarer Ausgleich gefunden werden konnte. Der gelang erst mit Augustus, das war aber keine Republik mehr. Der Politiker der so eine Sonderumlage forderte, würde wohl nicht mehr lange leben. Ja so sind wir (solange noch keine Putinsche Rakete sich nach Thüringen verirrt). Dann würde es vielleicht gehen.

Das Wahlsystem der Demokratie zwingt zur Flucht in die Schulden, zu besichtigen

Schulden machen, wobei das dicke Ende im Nebel der Zukunft verschwindet, ist natürlich politisch viel einfacher. Und unabweisbar verlockend vor allem , weil sich die ganze Kapitalistenwelt um Schuldscheine des starken Deutschland reisst. In dem Umfeld ist Schuldenmachen wohl "alternativlos"? Wenn ein Land wie Italien, von seinen Steuerpflichtigen 20% weniger Steuern pro Kopf einzutreiben in der Lage ist, verglichen mit Deutschland, dann ist der Schuldenanstieg genau dem Phänomen geschuldet.

Verantwortungsvolles Schulden-Machen

Schulden ja, wenn die Projekte mehreren Generationen nutzen und die Produktivität der Wirtschaft weiter bringen. Oder bei Katastrophen.

Und die nächste Generation dem auch zustimmt. Tut sie das wirklich?

Hat Deutschland noch Spielraum für Schulden? Der Konsens im öffentlichen Raum scheint wohl: Ja. Die Wirtschaftskraft und die Relation Schulden zum Sozialprodukt stimmen (noch). Schuldenbremsen haben ihren Sinn, wenn Konsum droht mit Schulden beglichen zu werden. Katastrophenszenarien folgen aber einer anderen Logik. Allerdings scheint mir der jüngste Verfall des € gegenüber dem $ ein erstes Warnsignal an den Euro - Raum. Die (unkontrollierten und intransparenten) Kapitalmärkte setzten damit dieses.

Dr. Johannes Rauter 09.07.2022