Optimismus und Konzepte sind wichtig. Nur müssen sie auch gut gemacht sein, sonst erreichen sie das Gegenteil: Enttäuschte Erwartungen sind vorprogrammiert!
Show gehört zur Politik. M&M (Merkel&Macron). Große Worte gehören zur großen Politik. Das ist wohl der unvermeidbare Teil der Demokratie. Jedenfalls in ihrer primitiven Art. Aber was mich als EU-Bürger interessiert: sind die Wege gangbar und was kann hinten rauskommen.Keine Frage, die EU steht unter riesigen Erwartungsdruck, den sie sich ohne Not aufgeladen hat. Sie hat selbst noch nicht begriffen, dass sie keine Geldmacht ist, sondern nur eine Regelmacht. Dass sie uns jetzt aber ein besonderes Gebäude präsentiert, also ein Haus ohne Erdgeschoß, das ist dann weniger verzeihlich. Sicher, man muss Ideen präsentieren, damit wenigstens darüber diskutiert werden kann. Es ist wichtig, sich optimistisch zu zeigen, keine Frage. Es ist aber noch wichtiger seine Hausaufgaben konsistent, transparent, durchführbar und den vertraglichen und mentalen Gegebenheiten angepasst auszuführen. Und das fehlt mir hier:
- Die acht „Reicheren“ zahlen, dann werden die eine heute nicht akzeptable Last zu tragen haben und protestieren.
- Tilgung über höhere Beiträge zur EU - bis zu 2% ("Eigenmittelobergrenze"). Gibt es da Konsens? Dann wären es eben doch rückzahlbare Darlehen, und keine Zuaschüsse!
- Hoffnung auf zusätzliche „Einnahmen“, das darf nicht Steuer heißen, dann macht man wohl die Rechnung ohne den Wirt, siehe Finanztransaktionssteuer und deren Schicksal.
- Kürzung des Agrarbudgets, na viel Vergnügen.
- Der Tilgungsanteil an den Anleihen für Zuschüsse in % ist kleiner für die Geschenk-Empfängerals der % Anteil an den Zuschüssen selbst (Grants, s.u.). Also Italien bekommt 20% der Zuschüsse, tilgt aber nur 13 %, die Lücke füllen die Reicheren. Siehe Graphik.
Asselborn ein zu oft unerträglicher Vernebler der Fakten
Welche Chuzpe muss ein Mann wie Asselborn haben um im ORF (30.06.2020) groß zu tönen, die Forderungen der vier "Sparsamen" seien indiskutabel, man brauche (nicht rückzahlbare) Zuschüsse ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren, wie das zu finanzieren wäre bzw.wer genau das zu tun habe. Unglaublich solche Reden. Oder seine Bemerkung, man hätte in der Vergangenheit zuviel gespart. Glatter Unsinn, diejenigen, die die Verschuldung runter gefahren haben, Deutschland und Österreich hatten die niedrigsten Arbeitslosigkeitsraten und jene, die die Verschuldung in die Höhe trieben, wie Italien z.B. bekamen die Arbeitslosigkeit nicht in den Griff. Dieser Mann soll zurücktreten, er ist Außenminister eines Landes das in der Hitliste der Steuerschlupflöcher (https://www.corporatetaxhavenindex.org/en/introduction/cthi-2019-results) auf Rang 6 steht (Österreich Rang 33).
Aber sein Chef hatte ja das Motto ausgegeben: Man muss manchmal lügen. Feines Europa. Zum Beispiel jene Unwahrheit, Luxemburg sei Netto-Zahler in der EU. Die letzten offiziellen Zahlen (aus 2018) sagen genau das Gegenteil, das Land mit dem höchsen Pro Kopf Einkommen war Netto-Empfänger, ca. 160 Millionen €!! Eine Obszönität, wie ich das empfinde, angesichts dessen, dass Luxemburg mit über 80 000€ BIP/Kopf doppelt so reich ist die der nächstfolgende Staat. Wohl nicht zuletzt wegen einer "genialen" Steuergesetzgebung.
Ich denke, so kann man mit EU Bürgern nicht umgehen und auch nicht mit Mitgliedsstaaten, die zustimmen sollen, bevor die Dinge ganz klar durchstrukturiert sind, bzw. jeder dann waeis, wer die Zeche zu bezahlen hat. Große Enttäuschungen sind vorprogrammiert und werden die EU-Skeptiker weiter ermuntern ihr böses Spiel zu treiben.
Ich hoffe, dass die Deutsche Ratspräsidentschaft für klare Strukturen und einfache Prozesse sorgen wird. Die Kommission hat sich mit dem Vorgelegten nach meiner Einschätzung keine Lorbeeren erworben.
Andere Vorstellung für eine Unterstützungspolitik in der nächsten Ausgabe.
Anhang
Einige Graphiken die Schlaglichter auf die Situation werfen. Nähme man solche Fakten ernst, müßte ein Hilfsprogramm wohl ganz anders aussehen.
Bild 1 So sieht das Gesamtbild der Lasten aus: die Länder müssen "stand alone" zwei Drittel der Corona-Folge -Lasten selber tragen - und werden aufgefordert darüber hinaus noch zu "spenden" ...
Bild 2 Manche Staaten sind nicht in der Lage jene Steuern einzutreiben, die der Erfüllung der Wünsche der Wählerschaft gerecht würden ... . Und dafür sollen dann andere bereit stehen?
Bild 3 In der vergangenen Hochkonjunkturphase waren nur wenige in der Lage, die Verschuldung aus der Finanzkrise 2007/08 wieder zurück zu führen. Die, die es schafften haben auch die Arbeitslosigkeit im Griff ...