Der neue Sieben-Jahre-Finanzrahmen der EU steht an - ein Eurozonenbudget eingeschlossen. Verständlich dargelegt?


Euro, Eurobudget und Aufnahme neuer Länder in den Euro, bekommen wir das gut erklärt? Ich denke nicht.

Der Euro ist nötig, war er aber für alle Staaten gleich von Vorteil? Ist das geforderte Eurobudget, 2,4 Milliarden p.a.,allein seiner Größe wegen eine Farce oder dient es den Fuß in die Tür zu kriegen, um perspektivisch mehr Geld für die vierte Gebietskörperschaft, die EU, zu generieren? Für neue eine EU Fiskalpolitik (Einfluß auf Steuern und Suventionen) wie sie Frankreich möchte, Zukunftsprojekte oder zum Stopfen von Löchern?

Eurozonenbudget: Frankreich sein Spielzeug oder Fuß in der Türe – ist das EU Politik?

Dass Länder mit Macht versuchen an Gelder zu kommen, die sie selber nicht generieren könnten ist aus Sicht der bedrängten EU-Staaten verständlich: Eurozonenbudget, Arbeitslosenrückversicherung, Einlagensicherung, ESM.

Was sagen die Franzosen, die ja das Eurozonenbudget fordern?

(https://www.touteleurope.eu/actualite/zone-euro-un-budget-pour-quoi-faire-1.html)

In einer französichen Publikation wird das Eurozonenbudget wie folgt argumentiert: "Diese Idee wird von 14 französischen und deutschen Ökonomen (darunter Agnès Benassy-Quéré) unterstützt. Nach ihrer Ansicht würde ein solcher Haushalt, der durch nationale Beiträge finanziert wird, es ermöglichen, "die Tätigkeit zu unterstützen, wenn ein Land allein oder mit dem Rest der Eurozone sich mit einer Krise konfrontiert sieht, was den Rückgriff aufschmerzhafter Reformen begrenzen würde. Dazu gehören finanzielle Transfers an bedürftige Volkswirtschaften, im Gegensatz zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), der während der Krise geschaffen wurde, um Darlehen an Länder in der Krise als Gegenleistung für Strukturreformpläne zu vergeben

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Emmanuel Macron schlug daher eine Reform der Eurozone auf der Grundlage eines Haushalts vor: "Wir brauchen Mittel zur Stabilisierung angesichts von Konjunkturschocks, ein Staat kann nicht allein mit einer Krise konfrontiert werden, wenn er seine Geldpolitik nicht mehr entscheidet [....]. Wir brauchen einen stärkeren Haushalt im Herzen Europas, im Herzen der Eurozone", sagte er. (Hervorhebungen von JR)

Was man so alles offen läßt - typisch für die Politik?

  1. Niemand nennt einen Betrag für so ein Budget. Wie groß eine sinnvolle Manövriermasse sein müßte
  2. Niemand beschreibt die Arbeitsteilung zwischen Nationalstaat und EU
  3. Der mühsam geborene und wie ich denke sehr sinnvolle ESM (Europäischer Stabilitäts-mechanismus) wird gleichsam als schlechte, zweite Wahl dargestellt. (Fordert Reformen und gibt nur Darlehen!)
  4. Heute geben die Staaten 1% ihrs Sozialprodukts für das EU Budget. der heutige Vorschlag für den sieben Jahre Finanzrahmen von 1 279 Milliarden, bei einem kum. BIP ohne UK von 115 100 Milliarden über diesen Zeitraum, triebe den Beitragssagtz auf 1,11 % vom BIP, machbar aber trotzdem schwierig beim derzeitigen gefühlten Nutzen der EU in den EU Ländern und deren eifersüchtiges Wachen über "Souveränität".
  5. Der Zwang zu Reformen soll gemildert werden
  6. Der Entscheidungsmechanismus bleibt unerwähnt
  7. Macron's Argument zieht nicht: Draghi hat die Antwort gegeben, gerade weil er wußte, dass nationale Zentralbanken im Euroraum eben nicht mehr das Recht haben, selber Geld zu drucken: Whatever it takes ...

Im Deutschlandfunk hört sich ein Kommentar zum Euro so an:

"Der Euro führt, anders als gedacht, nicht dazu, dass die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Euroländern immer kleiner werden. Ganz im Gegenteil: Statt zu einer Konvergenz führt die Gemeinschaftswährung zu einer wachsenden Divergenz, zu einem Auseinanderlaufen bei der Wohlstandsentwicklung. Diese größer werdende Diskrepanz soll durch den Einsatz der Mittel aus dem Eurozonen-Budget verringert werden." Im weiteren wird MacronsPosition widergegeben.

Welch Diskrepanz: Hier Kriseninterventionsmasse - dort Mittel zur Angleichung dere Lebensverhältnisse. Also das Wort für eine reine Transferunion? So gut macht sich die EU "verständlich"!

Eurozonenbudget: 17 Milliarden, p.a. 2,4 Milliarden p.a. so lautet zur Zeit der Plan . 17 Milliarden über 7 Jahre? Oder, bezogen auf Frankreich, verteilte man den Topf nach Bevölkerungszahl, bekäme es 360 Millionen p.a.. Mehr als nichts. Das ist jedenfalls keine Masse, mit der man Finanzpolitik machen könnte. Die ja auch so nicht gewollt ist.

Bekämpfe man die Korruption und fördere man mit diesem Geld "good governance"

Eine vernünftige Aussage wäre z.B. die drei Ländern, die die Korruption am erfolgreichsten bekämpft haben, die sollen drei Jahre lange mit Leuchtturmprojekten gefördert werden. Warum dieses Geschwurbel um "Eurozonenbudget?

Mehr Mittel für die EU? Das ist die Gretchenfrage, der sich jede Generation stellen muss

Eine Mittelverschiebung auf die vierte Ebene der EU-(Staaten)-Organisation, wenn im Konsens und bei Nachweis der Vorteile die es für das Ganze der EU -Staaten und für jeden einzelnen Staat bringt wird künftig wohl möglich sein. Am Nachweis des Nutzens muß noch intensiv gearbeitet werden. Sie ist und bleibt auf Sicht "Regelmacht" und damit auch eine nicht unwichtige Gestaltungsmacht für supranationale Anliegen. Ob ihr nun 1% oder 1,5 % vom BIP gegeben werden, ist nicht entscheidend, finde ich. Viel gestalten kann nur der , der über 40-50% des BIP verfügen kann und damit die Aufgaben auf den drei unteren Ebenen der Staatenverfassung zu erledigen hat. Und immer wieder wird vergessen, die EU ist Gesprächsplattform für 28 doch sehr unterschiedliche Interessensprofile, das ist doch ihr eigentlicher Fortschritt für die politische Kultur in der EU-Region. Sie ist Kriegsvermeidungsinstrument, das beste das die Welt bisher hervorgebracht hat.

Akzeptiert werden heißt verstanden werden

Verstehen heißt auch, keine falschen Erwartungen zu pflegen. Es ist immer dieselbe Sache: die EU wird nur in dem Maße gewinnen, wie sie verstanden wird, mit dem was sie tut.

Höre man auf EU Persönlichkeiten, die es wissen müssen.

Ein wesentlicher Vater der EU Verfassung (Lissabon 2009), Giscard d’Estaing (er lebt noch!), sagte kürzlich in einem Interview: „Früher basierte Politik auf einer bestimmten Art von Kultur, heute beruht sie auf Kommunikation“. Das hat leider die Gereraldirektion Kommunikation der EU noch nicht verinnerlicht: Was nützen tausende von Webseiten – die keiner liest. Warum ist man nicht in der Lage kurz und knapp zu erläutern, warum man etwas tut, was das kostet, wer bezahlt und wie man den Nutzen nachprüfen kann. Und wenn er nicht eintritt die Aktion eben einstellt.

Genau so hilfreich wäre es nicht Dutzende von Prioritäten und Wichtigkeiten zu definieren, sondern wenige und die klar und nachhaltig. Herr Juncker hat ja mal den Anfang gemacht: „Zuviel EU im Kleinen zerstört die EU im Großen". Oder: „Weniger EU aber das gründlicher“. Beherzige man es. Herr Timmermans ist zunächst an dieser Aufgabe kläglich gescheitert.

Zum Abschluss noch mal Giscard d’Estaing:“Was ist schon ein Jahr? Wir müssen bescheiden sein, was den Fortschritt der EU anbelangt. Es gibt keinen Grund, zu schnell vorwärt zugehen.“

Das sei vor allen jenen in's Stammbuch geschrieben, die den Mangel an "Visionen" glauben beklagen zu müssen oder in naiver Weise eine EU der Regionen fordern. Das wären rd. 280.

Quellen:

Eurostat -

Defizit/Überschuss, Schuldenstand des Staates und damit zusammenhängende Daten [gov_10dd_edpt1]

BIP und Hauptkomponenten (Produktionswert, Ausgaben und Einkommen) [nama_10_gdp]

Giscard d’Estaings Interview: Süddeutsche Zeitung, 11. Oktober 2019

Dr. Johannes Rauter 18.10.2019