Gärt es im Osten? Und nun kommen die Wahlen.


Kann man überhaupt erklären, warum die rechten Kräfte im Osten deutlich Anklang finden? Jetzt noch mit einem Nachtrag, der fatalen Art, siehe unten

Wie ist es möglich, dass die Neuen Bundesländer, die im europäischen Vergleich, gemessen an Einkommen, Sicherheit und Rückgang der Arbeitslosigkeit eine sagenhafte Erfolgstory sind, -verglichen mit so vielen anderen Regionen, -eine Rechtsneigung bekommen? Das Ding an sich gibt es nicht, nur die Wahrnehmung davon. Wer also macht diese Negativbilder vom Leben dort?? Oder ist das das Ergebnis von mangelnder Sensibilität?

Es liege am falschen Ton gegenüber dem Osten, meint die Süddeutsche Zeitung vom 13.08.19

Es fehle an Zugewandtheit. Ja Empathie ist wichtig. Schnodderiger Ton aus dem Westen ist Gift. Schon vergessen, dass die DDR auch im Westen (heimlicher Stolz hier!!) - unter schwierigsten Bedingungen - als der tüchtigste Staat im Comecon galt? Das war eine große Anerkennung.

Drei Aspekte sind wohl zu bedenken: Ein bekannter psychologischer, einer, der sich vielleicht nur über ein nachbarliches Auge erschließt. Und ein Dritter, der Realitätsverweigerung heißt.

Psychologie

Zum Verzweifeln, der Mensch vergleicht sich immer nur mit dem („höherwertigen“) Nachbarn, der es besser habe: „Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit“, mahnte schon der dänische Philosoph Søren Kierkegaard. Leider wird nie ein Vergleich mit der Vergangenheit gemacht. Wie war das mit der heruntergekommenen Bausubstanz und Infrastruktur von vor 30 Jahren im Osten? Es zählt offenbar was anderes: Den Menschen im Osten wurde viel Veränderung zugemutet und dies wurde im Westen als leichte Übung abgetan. Niemand honorierte diesen mentalen Kraftakt, obwohl jeder weis, sich zu verändern ist die größte Herausforderung im Leben. Und er befürchtet weitere Belastungen. Dies kaum anzuerkennen und wenigstens kommunikativ abzufangen ist und war ein Fehler.

Was Österreich auch kennt

Den oft überheblichen Ton, wie z.B. jüngst die bayerische Politikerpolemik zum Stauproblem in Tirol. Dort kann man gut die ostdeutschen Befindlichkeiten verstehen. Der Ton macht die Musik. Da haben die alten Bundesländer (immer noch) so manchen Verbesserungsbedarf, denke ich. Ein zentraler, vor allem änderbarer Punkt für die Ost/West-Ehe. Geld geben (Westen) ist allemal einfacher als Verhalten, ja die Lebensart zu ändern (Osten). Das gehört auch zum Gesamtbild. Fatal nur , dass sich der Unmut auf „die Ausländer“ verschiebt, weil man zu all den harten Veränderungen (Westsicht: nur Wohltaten) nun auch Integrationsthemen aufgehalst bekäme? Das ist schon schwer verständlich für mich.

Hang zur Realitätsverweigerung

Eine häufige Klage aus dem Osten lautet: Wir konnten kein Vermögen bilden! Also: Nur wer Vermögen hat gilt was? Wer ist daran schuld? Der Westen? In den Osten flossen ca. 5.200 € pro Kopf u n d Jahr seit der Wiedervereinigung! Gut 2 Billionen €. War das selbstverständlich? Ist das nicht Zugewandtheit? Die EU bedenkt die armen EU Länder, die Netto-Empfänger, mit ca. 350 € pro Kopf und Jahr. Man hadert(e) mit der Treuhandanstalt, Herrn Rohwedder wurde von Linksterroristen erschossen. Wer hätte dieses, in der Welt erst- und einmalige Projekt besser abgewickelt? Seien wir ehrlich: Niemand! Eine Wirtschaft aufzubauen, bei verteilten Märkten? Das Mantra von den gleichen Lebensverhältnissen ist doch nicht hilfreich, weder im Falle Deutschlands noch im Falle der EU. Fahre man quer durch die USA oder quer durch Frankreich oder Italien, keine Spur von gleichen Lebensverhältnissen, da man keine blühenden Industrien aus einem Hut zaubern kann.Das ist die Realität in Europa. Ist das so schwer zu begreifen?

Ist denn das Erreichte in der Wirtschaft des Ostens so wenig?

Die Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern betrug im Juni 2019 nur 6,3%! Dazu die nagelneuen Infrastrulturen. Das sind doch gleiche Lebensverhältnisse! Traumwerte im EU-Vergleich. Nordfrankreich feiert 11,2% Arbeitslosigkeit im Juni 2019 als Erfolg. Süditalien liegt zur Zeit bei 20% Arbeitslosigkeit. Klagen auch über zu niedrige Einkommen (für gleiche Leistung?). Vergisst man da nicht, dass das Wohnen z.B. deutlich günstiger ist als im Westen.

Wer erzeugt also diese Negativbilder zu den Neuen Bundesländern, die dann als Wirklichkeit durchgehen? Wem gelingt es also, diese großen Erfolge verschwinden zu lassen für seine zweifelhaften Zwecke? Oder ist es gar Gedankenlosigkeit? Warum honorieren zu viele Bürger-Ost all diese Erfolge -offenbar- nicht? Dieses Rätsel muss die Politik lösen. Sonst haben wir ein Problem, nicht nur in den Neuen Bundesländern, in der ganzen EU.

Nachtrag: eine fatale Botschaft der Koalition

Die Bundesregierung, sprich die Koalition, will schwache Regionen mit neuem Elan fördern. In diesem Zusammenhang wurde eine Deutschlandkarte der Friedrich-Ebert-Stiftung präsentiert: Titel "Reich und Arm": Sie zeigt das Land nach Kreisen und siehe da, alle Kreise der Neuen Bundesländer sind in blutiges Rot getaucht.Arm!

Fatal in doppelter Hinsicht:

Erstens, die Legende zu dieser Graphik (https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/deutschland-wie-die-bundesregierung-fuer-gleichwertige-lebensverhaeltnisse-sorgen-will-a-1276624.html) spricht gar nicht von Armut, sondern von "unterdurchschnittlichem Einkommen".

Zweitens, das Bild kommuniziert, wir politisch Veranwortlichen haben es in 30 Jahren nicht geschafft, auch nur durchschnittliche Lebensverhältnisse in den Neuen Bundesländern zu schaffen. Was also erwartete man da noch von den anstehenden Wahlen für die GroKo-Vertreter? Kein Wort zu den riesigen Erfolgen seit der Wende. Dieses Bild prägt sich ein. Im limbischen System.

Die AfD kann ihren Werbeetat streichen.

Wirklich arm?

Sollte dieses Graphik-Zitat nicht erlaubt sein, bitte um Benachrichtigung, dann wird es entfernt.

Fazit:

Am Gelde und an der Arbeitslosigkeit kann die Rechtsneigung nicht liegen. Woran dann konkret? Sicher auch an der Kommunikation. Das ist die spannende Frage die die Ministerpräsidenten/innen der neuen Bundesländer zu lösen haben.

Quellen:

Arbeitslosigkeit Neue Bundesländer

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/36651/umfrage/arbeitslosenquote-in-deutschland-nach-bundeslaendern/

Mitteltransfer Neue Bundesländer

Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) , zitiert inhttps://www.welt.de/print/wams/politik/article127589555/Das-Land-der-zwei-Billionen.html

Regionale Arbeitslosigkeit Frankreich:

https://www.lavoixdunord.fr/570421/article/2019-04-18/le-chomage-est-au-plus-bas-depuis-huit-ans-dans-le-nord-pas-de-calais

Regionale Arbeitslosigkeit Italien

http://www.ansa.it/europa/notizie/rubriche/europa_delle_regioni/2019/04/29/europa-regioni-disoccupazione-sud-al-top-in-ue_e8a77390-8b8b-4308-a2fb-7617615ee895.html

Dr. Johannes Rauter 12.10.2019