EU Handelspolitik, solidarisch? Mit Nutzen für die Arbeitslosen der EU? Große Zweifel sind erlaubt


Wohlstandsbringer Handel. Fragt sich nur bis zu welchen Grenzen. Inzwischen vernichtet China mit sehr großen Warenhandelsüberschüssen merkbar viele Arbeitsplätze in der EU.

Die „Deutschland AG“, gäbe es sie so, ist mit 1,1 Millionen Beschäftigten - etwas reißerisch ausgedrückt - der größte Arbeitgeber in China. Die Chinesische Elektrizitätsgesellschaft liegt mit 914 000 (2017 ) Beschäftigten deutlich dahinter. Und was tut China in der EU? Schafft es Arbeitsplätze? Nein. Es schüttet die EU containerweise mit Waren zu.

Handel ist im Prinzip ein positiver Motor der Entwicklung

Handel entsteht wenn erstens eine Region etwas hat, was die andere gar nicht hat, naturgegeben doer innovationsbedingt, (Europa damals: Gewürze der Philippinen, China heute: seltene Erden umgekehrt, westliche Technologien jeder Art; USA heute: Digitalinnovationen). Negativ hier: Nelken aus Kenia, Trauben aus Chile. Er entsteht zweitens, wenn man Spezialisierungsgewinne zu erwarten hat, der eine macht nur Antriebe, der andere macht nur Gehäuse. Das predigte schon Adam Smith. Handel zur Verknüpfung es arbeitsteiligen Produktionsprozesses.

Der bedingungslose, globalen Handel, seine Kollateralschäden

Drittens entsteht Handel, und hier wird es problematisch, wenn eine Region, Basistechniken beherrscht und Einfachprodukte gut herstellen kann, aber begünstigt durch Zufriedenheit mit niedrigem Lebensstandard und in Abwesenheit von sozialen und gesundheitlichen Mindeststandards billiger anbieten kann. Da zudem die Logistikkosten dramatisch gesunken sind, eröffnen sich nun renditeträchtige neue Optionen. Einerseits. Und eine Bedrohung aller low tech Branchen in den Zielländern solcher Exporte, andererseits. Die Neue Seidenstraße ist das Symbol dafür.

Der Effekt dieses Handels ist ein spürbarer Beitrag zur Arbeitslosigkeit in den EU Ländern ohne gute industrielle Basis, die nichts im Werte Gleiches dagegen tauschen können. Entweder haben diese Länder keine high tech Produkte oder diese Branchen sind dort viel zu klein, um eine Beschäftigung für 92% der Erwerbswilligen zu garantieren.

Aushöhlung der 14/15 (mit Italien) ärmeren EU Länder

EU-interne Wanderung und Geburtenrückgang aus Perspektivlosigkeit sind zu beobachten. Fatal ist beides für die 15 armen EU Länder - nicht gerechnet die Länder des noch ärmeren Westbalkan demnächst. Diese fünfzehn werden in größere Schieflagen kommen und noch viel mehr Transfers benötigen. Seit 2 000 hat deren arbeitsfähige Bevölkerung, 15 - 64 Jahre, um 2 % bzw. um 2,9 Millionen abgenommen. In den nächsten rd. 20 Jahren, bis 2038 werden es lt. eurostat aber - 15% odere 17 Millionen arbeitsfähige Menschen weniger sein. Die "reichen" EU Länder werden in dieser Bevölkerungsgruppe - 2% verlieren, - 3,3 Millionen, vor allem dem Rückgang in Deutschland geschuldet, mit - 5,5 Millionen. (Und trotzem Angst vor Zuwanderung?)

Ein vierter ebenfalls kontraproduktiver Handel - betrachtet man die naheliegenden Folgen - ist der, den wir gerade mit Merkosur oder dem Rindfleischabkommen mit den USA beobachten. Im einen Fall züchtet man beim armen Partner riesige, umweltschädliche Monokulturen in der Hand weniger, und verhindert zudem deren industrielle Entwicklung.(Das sei allen Ricardo-Jüngern gesagt).Im anderen Fall treibt man Handel mit beiderseits gravierend subventionierten Produkten, Rindfleisch aus USA - was für Kuhhandel. Jüngst mit den USA vereinbart bei dem dann der deutsche Maschinenbau jubelt, da dessen Produkte im Gegenzug zu erleichterten Rindfleischexporten aus den USA – haben wir in der EU daran wirklich Mangel - etwas von Zöllen entlastet wurde.

China, der gelehrige Schüler des Westens in rationaler Ökonomie

China kauft Technologiefirmen in Europa, so wie wir es sie gelehrt haben, dass man rational handelt. Es übernimmt Firmen ohne einen neuen Arbeitsplatz damit zu schaffen. Umgekehrt kreiert allein Deutschland in China 1,1 Millionen Jobs (Quelle: Deutsche Außenhandelskammer, Karlsruhe, Auskunft vom 09.08.2019 und MERICS in Berlin). Rechnet man nun die deutschen Werte analog dem Foreign Direct Investment – Stocks, also gemäß dem von EU Ländern bisher in China investiertem Kapital hoch, dann hat die EU in China an die 2,5 Millionen Jobs geschaffen. Umgekehrt macht China ohne Hongkong einen Warenhandelsüberschuss von 200 Milliarden jährlich gegenüber der EU ohne Deutschland und vernichtet alleine mit diesem Überschuss rd. 7 Millionen Arbeitsplätze in der EU. Also hier nicht erbrachte Wertschöpfung.

EU-Handelspolitik, die Solidaritätsverweigerung?

Warenhandelsüberschuss, weil die EU, - anders als die Chinesischen Provinzfürsten von den Europäern,- keine "local content" -Forderung, „produziere vor Ort“-Forderung stellen, noch die einfach gestricktere Industrie in den (ärmeren) EU Ländern durch Zölle schützt. Das ist Solidaritätsverweigerung gegenüber den ärmeren EU-Ländern nach meinen Informationen. Höre man auf von einem Europäischen Mindestlohn zu schwadronieren, solange China die EU mit Billigwaren und mit Zustimmung von Brüssel, zuschütten darf. Eine Leistung der Lobby jener Firmen, die große Geschäfte mit China machen ist zu vermuten.

Billige chinesische Importe sind im Kern eine gewaltige Missachtung der Entsenderichtlinie: wir importieren Subststandards und Niedriglöhne, gebunden in Produkten, via Seidenstraße ins Herz der EU.

Im Unterschied zu den USA haben wir in der EU viele Ecken, in denen Produkte billig herzustellen sind. Also wir benötigen China nicht, um über billige Komponenten von dort wettbewerbsfähig zu sein. Ebenso ist nicht einzusehen, dass z.B. am Westbalkan, Bulgarien oder Rumänien nicht einfache Konsumgüter hergestellt werden können, gerne auch über Firmen in chinesischer Hand.

Ich bin übrigens der Meinung, dass China wohl dafür zu haben wäre, sich mit der EU so zu arrangieren, dass China Exporte zurückfahren und Investitionen in der EU - für solche Waren - hochfahren würde. Aber die EU muss entsprechende Investitionsbedingungen schaffen .

Quelle zu State Grid Corp: https://en.wikipedia.org/wiki/State_Grid_Corporation_of_China Quelle zu Bevölkerungszahlen, eurostat: Bevölkerung am 1. Januar nach Alter, Geschlecht und Art der Vorausberechnung [proj_18np]; sowie Bevölkerung am 1. Januar nach breite Altersgruppe und Geschlecht [demo_pjanbroad]

Dr. Johannes Rauter 14.08.2019