Wahl EU 2019 (1) Und was steht zur Wahl?


Das EU Parlament wird gewählt, also 751 Abgeordnete, die sich in acht Parteiengruppierungen finden, die wiederum 200(!) Parteien repräsentieren. Das ist ein Eintrag im Guiness Buch der Rekorde wert.

Die Mehrheitsbildung im künftigen EU Parlament wird dramatisch anders sein. Nach neuesten Schätzungen verlieren die beiden Großen, EVP (Konservativen) und S&D (Sozis) die absolute Mehrheit und müssen sich jetzt auf politische Kräfte einlassen, die extremere Positionen haben, also entweder auf die Liberalen oder die Grünen.

Es reicht nicht die frommen Wünsche aus den Präambeln der EU-Verträge abzuschreiben. Es reicht nicht vom Sozialen Europa zu fabulieren, das den Spagat zwischen "sozial" und "wettbewerbsfähig" des Artikels 151 AEUV (das bedeutet übrigens: Vertag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) nach heutiger Denke nie hinbekommen wird . Es reicht auch nicht von der „ganz andern EU“ zu schwadronieren. Nein. Es ist auch unsinnig von einer undefinierten "Arbeitslosenrückversicherung" zu sprechen oder einem ebenso undefinierten €-Budget. In Zeiten, in denen ein ganz großer Zahler ausfällt und die Überalterung in der EU die Haushalte gewaltig strapazieren wird. Nein.

Es gibt klare Aufgaben zu lösen:

  1. Die 6 Bürgerängste, Blick auf die EU: Einwanderung, Terrorismus, Instabilität der öffentlichen Finanzen, Wirtschaftslage, Klimawandel, Arbeitslosigkeit. (eurobarometer 10 2018).
  2. Die großen aktuellen Probleme der EU: Brexit, Migration, Sicherheit im Inneren (also Kampf gegen Korruption und Journalistenmorde), 700 Milliarden fauler Bankkredite in der EU. Arbeitslosigkeit. Klimawandel, Energiesicherheit. Und Warenschwemme bei Einfachprodukten aus China, Stichwort neue Seidenstraße. (gem. eurostat comext 02 2019)
  3. Aktuelle EU Prioritäten Wiedergegeben im Arbeitsprogramm der Kommission Juncker 2019.Treffen sie wirklich das Wesentliche und sind sie nicht völlig überfrachtet? Was ist dann davon innerhalb von drei Jahren realisierbar, das ist hier die Frage! Siehe hier
  4. Die großen Reformthemen der EU selbst:
    Lähmende Einstimmigkeitsregel. Intransparente Prozesse und ausufernde Prioritätensetzung. Keine Nutzenerklärung der allein in 2018 erlassenen,1 874 Rechtsakte. Nicht genutzter Subsidiaritätsschutz. Intransparenz über die Lobbyarbeit.Intransparenz zerstört Akzeptanz: das Einfallstor des Populismus!

  5. Was unternehmen die Parteien aktiv gegen den Populismus?
    Darauf hin sollte die Wähler besonders blicken, dort muss er Faktencheck für deren Behauptungen einfordern!

Auf diese Fragen müssen Parteien befriedigende, also politisch durchsetzbare und finanzierbare Antworten geben. Vergessen wir nicht: Das EU Budget umfaßt ca. 145 Milliarden €, das sind etwa 1% des EU Sozialprodukts. Mehr als ein Drittel davon fließen in die Landwirtschaft! In den Nationalstaaten, gehen ca. 50% des Sozialprodukts durch öffentliche Hände. Die EU ist eine gewaltige Regelmacht und eine ganz kleine Geldmacht. Aus gutem Grunde. Daran müssen sich Erwartungen ausrichten.

Mandatsträger an die Wahlfront! Noch 751 Mandatare des EU Parlaments, 700 Mitglieder der beiden großen Parlamentsausschüsse. Zeigt Euch. Kämpft mit den besseren Argumenten gegen den Populismus. Fragt sie, wie ein funktionierender Binnenmarkt, den ja fast alle EU Skeptiker unbedingt wollen, ohne ein Regulativ auf Unionsebene klappen soll? In jedem Land andere Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit? Wirklich? In jedem Land andere Vorschriften für Banken zur Risikovorsorge? Stärkt die Reformkräfte in der EU. Heute ist die Rettung der EU ist weit wichtiger, als Eure einzelnen Parteiprogramme.

Dr. Johannes Rauter 17.03.2019