Betrachtungen zum RN LePens in Frankreich, was sagt uns das über Populismus?


Aus meiner Sicht formuliert der RN (Rassemblement National) die großen Ängste Frankreichs

Eine Beschimpfung des Populismus, ohne dass man sich mit seinen Wurzeln beschäftigt, wird genau das Gegenteil erreichen. Verbessere man, wo er Recht hat, zeige man, wo er von falschen Voraussetzungen ausgeht, lege man seine Widersprüche offen. Vieleicht erreicht man dann doch 20% der Populismusanhänger

Frankreich 2018: 13% Arbeitslose, fehlender Mittelstand, verarmte Landstriche, eine Automobilindustrie, die von 1990 auf heute um 40%(!) geschrumpft ist, (die deutsche ist gewachsen), große Einkommens- & Vermögensunterschiede. Blutige Anschläge durch Islamisten, ungelöste Probleme in den Banlieus, Unruhe unter den Chancenlosen, ein Handelsbilanzdefizit, das sich alleine von 2000 auf 2018 auf 77 Milliarden € verfünffacht hat! Die Bevölkerung zwischen 15 - 64 hat seit 2000 um 2,5 Millionen zugenommen (in Deutschland um 2 Millionen abgenommen!). Die Wirkungen für den Arbeitsmarkt sind offensichtlich ...

Daraus erklären sich seine Forderungen, sie kommen beileibe nicht nur aus blinder, fanatischer Dummheit. Auch wenn oft die innere Logik fehlt und Fakten ignoriert werden. Aus dem Europaprogramm des RN 2019:

Ängste

Zuviel Zuwanderung bedroht Identität und Wohlstand Aber die Wohnbevölkerung mit ausländischem Geburtsort, liegt nur bei 12,2 % (Deutschland 14,7% lt. eurostat). Das Problem, die einzigen Quellen der Zuwanderung sind Regionen, - entwicklungsgestört auch durch Kolonialismus-, die sich selbst – religionsbedingt? – an einer Entwicklung im europäischen Sinn gehindert haben. Und deren Kultur uns sehr fremd ist. Kann man das in Abrede stellen?

Gegen den globalen Welthandel -„Schluss mit dem unfairen Wettbewerb und Einführung von fairem Handel“: Aber ohne jegliche Arbeitsteilung geht es nicht, will man Fortschritt, aber der bedingungslose globale freie Handel kann es auch nicht sein, denke ich.

Gegen eine Agrarpolitik, die in Brüssel entschieden wird, die aber enorm viel auch zum Lebensgefühl der Franzosen beiträgt. Aber Frankreich bekommt ca. 10 Milliarden € pro Jahr für Landwirtschaft und Fischerei.

Zu viel Macht bei der Kommission.Aber gerade die Nationale Sicht hat im Rat und in der Kommission übermächtige Vertreter.

Erlebbare Fakten, die den RB bestätigen:

Die EU Prioritätensetzung ist intransparent, der Lobbyeinfluss ist intransparent, die EU Außengrenzen sind undicht, die EU nutzt ihre Verhandlungsmacht nicht, ihr Mehrwert wird dem Bürger nicht klar gemacht.

Widersprüche in der Demokratiekritik:

Die EU sei undemokratisch (Seite 3). Das sagen viele, nicht nur der RN. Aber sie haben nicht definiert was sie damit meinen. Zum einen gibt es viele Hebel, seine Rechte zu nutzen (Beurteilung der Subsidiarität, das können die Nationalstaaten). Größte Schwäche bei allen Kritikern: die Demokratie die sie wollen, würde – forderte man Regierung und Parlament wie im Nationalstaat– die EU in die Form eines Nationalstaates gießen. Und das sollen die Rechten wollen?

Widersprüchlich bei der Einstimmigkeit (Seite 7 des Programms)

RN: Die Einstimmigkeit ist schlecht, denn überall in Europa besteht der Wunsch nach einer flexibleren, demokratischeren Europäischen Union, der gewünschte Wandel werde durch die Einstimmigkeit verhindert. Einstimmgigkeit ist gut: "… ein Glück!, es kann sich eine Sperrminorität herausbilden. Somit haben die Sanktionsverfahren gegen Ungarn und Polen keine Chance auf Erfolg..“

Was lese ich daraus?

Die vielen Probleme Frankreichs sind keine Erfindung der RN. Sie sind da. Wie damit umgehen, mit dieser Mischung aus Angst, richtiger Kritik und Ansichten, die durch Fakten nicht zu belegen sind?

Der RN bleibt den Beweis schuldig, dass nur eine EU als lose Projektgemeinschaft die Probleme der EU-Länder lösen könnte. Die Pro-EU Vertreter geben sich nach meiner Wahrnehmung wenig Mühe, das in den Blick zu nehmen. Nehmen wir nur die Angst vor dem schleichenden wirtschaftlichen Niedergang. Wenn man in den exportstarken Ländern wie Deutschland der Meinung ist , lass uns ( aus den ca. 30 Millionen Arbeitslosen der EU, gemessen nach deutschem Standard!) 7 Millionen Arbeitslose als Preis für die Globalisierung, speziell für gute China-Geschäfte vor allem Deutschlands, in Kauf nehmen, Hauptsache China nicht verärgern und mit ihm gute high tech Geschäfte machen, dann widerspricht das klar den Solidaritäts- und (machbaren) Wohlstandsversprechen der Präambeln der EU Verträge. Und fördert den Populismus derer, die nicht mehr mithalten können.

Meine Schlussfolgerungen daraus

Wer auf die Angst, die es da manifest gibt, nur mit dem Mantra des bedingungslosen Freihandels antwortet, der wird den Populismus nie besiegen. Wenn die Grenzen nicht mehr beherrschbar erscheinen, bzw. eine transparente Zuwanderungs-& Asylpolitik nicht aufgesetzt wird, Sache aller EU-Staaten auf Unionsebene, wird man den Populismus nicht besiegen. Wenn ein Verteilungsregime für Migranten (aller Art) eingefordert wird anstelle einer Vereinbarung, jeder trage zur Migrationsbewältigung bei, gleichwertig, aber auf seine Weise, solange wird der Populismus nicht verschwinden.

Die große Frage dahinter

Dahinter steht die große Frage, wie kann die EU im Weltwettbewerb um Wohlstand bestehen, wenn nur es nur mehr zwei Dutzend starke Metropolregionen in der EU geben sollte, die dem Globalisierungsdruck standhalten können? Es wird nicht gehen meine ich, wenn wir uns nicht zu einem System des Wirtschaftens durchringen, das keine langfristen Warenhandelsüberschüsse /defizite - kontinentüberschreitend - systemimmanent erzeugt. Die Lösung kann nur heißen, im Zielmarkt zu investieren statt dahin zu exportieren: local content, jetzt!Aber nicht Firmen ein unsinniges Innovationsverbot zu verordnen, leider laufen allen bisherigen „Ideen“, gerade mit blick auf Deutschland, darauf hinaus. Es ist nicht einzusehen, dass China 20% (beim Exportweltmeister Deutschland sind es 39 %, gerechnet nur die Exporte ex EU, 16%) seines Sozialprodukts exportieren muss/will/kann, gegründet auf dem Fakt, dass eine Reihe von Normen, allen voran die Arbeitskosten, gemessen an der EU, deutlich unterschritten werden.

Die EU ist schön und hat einen großen Markt. Aber sie ist überaltert und das bedeutet, sie hat damit eine strukturelle Innovationsschwäche. Die kann man über ein noch besseres Bildungs- und Venture-Capital System etwas ausgleichen. Dazu muss innerer Friede kommen, keine sozialen Unruhen durch die wachsende Vermögensspaltung der Gesellschaft. Alle Kraft benötigen wir nach außen hin, nicht für interne Konflikte. Man mag Herrn Kühnert in Grund und Boden kritisieren. Aber dann präsentiere der/die, der/die eine bessere Idee. Bisher Fehlanzeige. Mit "man sollte" ist uns nicht geholfen. Das ist d i e Herausforderung neben dem Klimawandel!

Dr. Johannes Rauter 05.08.2019