Die Frage der Gerechtigkeit stellt sich immer häufiger, da die Welt ganz transparent und ganz mobil geworden ist. Gerechtigkeit das bedeutet eine gewisse Vierteilgerechtigkeit - sind die Welthandelsabkommen fair, wie ist die Verteilung der Ressourcen? Aber auch, was hindert ca. 160 Staaten der Welt daran, der "rule of law" Geltung zu verschaffen? Gerechtigkeit bedeutet auch, die Wohlstandskosten bzw.-lasten - Collateralkosten - vor allem jenen zuzuordnen, die diesen Wohlstand genießen. Wie weit sind wir auf diesem Weg, zu einer "gerechteren" Welt?
In rich countries people are important in poor countries money. Standardspruch chinesischer Touristenführer.
Jedes Investment muss Rendite erbringen. Wir würden wohl kaum Geld auf ein simples Sparbuch legen, wenn wir am Ende weniger hätten als vorher. Außerdem zeigt Rendite grob, dass Geld bzw. Ressourcen rational eingesetzt worden sind. Das ist die wichtige Orientierungsfunktion des Marktes.
Für mich wird es fragwürdig, wenn Großräume mit ganz unterschiedlicher zivilisatorischer Entwicklung, teils eben "low cost Länder", versorgt mit renditesuchendem Investitionskapital, der großen westlichen Kapitaleigner,untereinander in hartem, ungeschütztem Wettbewerb stehen. Kapitaleigner ziehen mit den armen Ländern an einem Strick, da deren bescheidene Lebenshaltung die Renditeerwartungen stützt, bei Geschäften, die dann in den Industrieländern gemacht werden. Das bringt Arbeit in China und Bangladesh. Und kostet Millionen von Arbeitsplätzen in Europa und den USA. Gerecht? Nicht gerecht? Das eingesetzte Kapital ist immer der Gewinner. Und die Menschen in den Großräumen USA und Europa?
Wie geht der Wettbewerb aus gegen eine Region, deren Arbeitskosten bei einem Fünfzehntel der europäischen liegen? Also der Großraum EU mit 500 Millionen Einwohnern gegen China mit 1,4 Milliarden Einwohnern. China hat einen Außenhandelsüberschuß gegenüber USA und EU von heute ca. 530 Milliarden US$. Das entspricht der Wirtschaftsleistung Polens. Polen hat 37 Millionen Einwohner und damit eine Erwerbsbevölkerung von knapp 20 Millionen. Soviel ist dem Westen an Arbeitsplätzen durch die Globalisierung verloren gegangen. Ist das gerecht? Spricht das fürdie Notwendigket von möglichst ungehindertem Handel? Das stützt Renditen, aber was geschieht mit den Menschen? Niemand wird gegen Spezialiesrungsgewinne sein, aber ist es nicht etwas befremdlich, wenn dadurch gewisse Länder ewig auf Rohsteoffexport und Primitivprodukte begrenzt, "spezialisiert" bleiben? Und Andere Millionen von Arbeitslosen haben werden?
Aus Chinesischer Perspektive ein klares Ja."Wir haben dafür geschuftet und primitiv gelebt!" und damit etwas Wohlstand verdient. Aus Sicht der Mit-verdienenden Kapitalgeber ein klares Ja. Aus Sicht jener Exportnationen, die durch die damit generierte Kaufkraft Chinas, einen zahlungskräftigen Kunden gewonnen haben und Außenhandelsüberschüsse produzieren, ein klares Ja.
Und aus Sicht der 30 Millionen arbeitslosen Europäer, dabei speziell jener, die unter 25 Jahren sind? Gibt es einen Schutz vor diesem gnadenlosen Rennen nach Wohlstand?
Natürlich, jeder auf der Welt hat doch ein Recht auf Wohlstand. Was will man dagegen sagen. Und wenn sie keine Technologieführer sind, bleibt Ihnen nur der Vorteil niedrigster Arbeitskosten. Eines ist sicher: Es wird nie einen Gerechtigkeits-Schiedsrichter geben, der "zuteilt". Was bleibt dann: Der gnadenlose Wettbewerb als noch die besser Option gegenüber Krieg? Und was ist mit der jetzt ausgelösten Völkerwanderung, sind deren Kosten auch schon von den Spezialisierungsgewinnen abgezogen worden? Sicher nicht. Dafür basteln wir einen ideologischen Überbau: Das sei wünschenswerte Blutauffrischung für die überalternde "weiße" Welt.
China. Dort treibt die riesige Landbevölkerung, die sich in die Stadt aufmacht die Regierung vor sich her, die um jeden Preis (siehe Umweltzerstörung, siehe Yuan-Abwertung) ein Beschäftigungsniveau erhalten muss, das unter der Revolutionsschwelle bleibt.
Die großen Kapitaleigner "die Finanzmärkte" müssen dafür sorgen, für Ihre Anleger keine Wertverluste zu realisieren. Berechtigtes Anliegen, wenn sie für die Wertentwicklung von Pensionsfonds verantwortlich sind, inhumanes Anliegen, wenn es nur darum geht eine weitere Milliarde zu realisieren, denke ich.
So sehen die erfolgreichen Stoßrichtungen von Ländern heute aus. Gibt es Gründe anzunehmen, dass sich das ändern wird? Ich sehe solche Tendenzen nicht.
Leider ist es so, dass durch die steigende Produktivität alleine schon die Arbeitsplätze schrumpfen und über den Low cost Wettbewerb definitiv Arbeitsplätze, z.B. aus Südeuropa verschwinden. Das Problem: die heutigen Technologien machen es möglich mit relativ wenig Standorten, den Weltbedarf an Konsumgütern zu decken. Ist wirklich die konsumentennahe Dienstleistung auch die Hoffnung des 21. Jahrhunderts?
Ich plädiere dafür, dass innerhalb von Großräumen alle Produkte des täglichen Bedarfs auch in diesen Großräumen produziert werden sollten. Globaler Handel nur für high tech und Spezialitäten. Die reicheren Schwellenländer müssen eben die Binnenmärkte stärker entwickeln. Und da ist hier noch die ominöse Eigenkapitalrendite, warum sollte sie über 12% liegen?
Man spendet für Essenspakete und eine medizinische Versorgung der Ärmsten. Rührend.
Warum aber zahlt man nicht freiwillig Steuern als Reeder? Wenn wirklich alleine in der Schweiz angeblich 800 Milliarden € an schwarzen griechischem Vermögen lägen: ein Viertel würde genügen um die Schuldenlast der Griechen auf Maastricht - Niveau zu bringen. Warum tut man es nicht. Weil man der Politikerkaste des eigenen Landes nicht traut. Dann lasse man das Geld eben für 10 Jahre von EU Beamten verwalten.
Sogar der kaltschnäuzige Henry Kissinger meinte trocken , die Situation die sich kurz vor der französischen Revolution in Frankreich ergeben hat, auf die steuerten wir heute weltweit zu. Ein bemerkenswertes Eingeständnis. Wahr ist natürlich,dass heute die Schwellenländer mit niedrigen Löhnen um Wohlstand kämpfen, der Norden seinerzeit mit Kanonenbooten. Mag jeder für sich entscheiden, was die zivilisiertere Methode war.
Nicht Einsicht, nur Notwendigkeit ändert Verhalten sagte mal ein kluger Mann, oder war es eine Frau? Denken wir doch dieses Lebenserfahrung konsequent weiter, was werden wir in 15 Jahren sehen?
Dr. Johannes Rauter 04.10.2015