Nur wenn man sich endlich mit den Realitäten und nicht mehr mit Mythen zu Griechenland bequemt, wird es langsam zu einer rationalen Griechenlandpolitik kommen. Davon scheint die EU Politik heute noch weit entfernt zu sein ...
Eine EU-Wirtschaftsregierung ist die Rettung und sei möglich(!)
Zunehmend hört man in der Presse, die Rettung des „europäischen Traumes“ – was ist das eigentlich? –bestehe in einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung oder zumindest in einem gemeinsamen Finanzminister. Belege für deren Realisierbarkeit dieser Idee finde ich nicht. Illusion, finde ich, eben ein neuer Mythos.
Warum diese selektive Wahrnehmung von Forschern und Journalisten. Wer durch unser schönes Europa fährt, sieht, dass die Regionen und Staaten so grundverschieden sind in den Wertesystemen, den Traditionen, der Leistungseinstellung, dem Staatsverständnis etc., der kann doch nicht im Ernst behaupten EU Finanzminister sei der Deus ex machina zur Krisenbeseitigung.
Erstens, die meisten Länder der EU werden in den nächsten 50 Jahren nicht bereit sein, ganz wesentliche Souveränität an Brüssel abzugeben (Wirtschaftsregierung! EU Finanzminister). Dadurch ändert sich doch die Kultur der Krisenstaaten nicht. So eine Wirtschaftsregierung müsste durchgreifen und würde sofort genau so angefeindet wie Herr Schäuble.
Zweitens, die Fähigkeit, produktiv zu wirtschaften definiert die Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft. Und damit das Niveau ihrer Ansprüche auf Wohlstand. Die Erfahrungskurven der fortschrittlichen Industrieregionen können nicht per EU Beschluss transferiert werden; der € für alle wirkt spaltend zwischen hochproduktiven und niedrigstproduktiven Ländern. Aber soviel Wirtschaftswissen darf man offenbar nicht immer voraussetzen.
Drittens, eine milliardenschwere Transferunion zuzulassen, Beispiel Griechenland, wird mit Sicherheit die EU sprengen.
Viertens, ein begleiteter Grexit ist möglich und sinnvoll und nicht maximale Katastrophe – ein zweites Griechenland, das wäre der SuperGAU.
Fünftens, anders als es im realitätsfernen Lissabon-Vertrag („europäischer Traum“?) blauäugig formuliert wurde, wird es niemals zu annähernd gleichen Lebensverhältnissen in der EU kommen.
Sechstens, die begabte Jugend aus Europas Süden will Perspektiven haben und sie weis, wie es in Nordeuropa läuft und wird politischen Druck machen, wenn sie das Lissabonversprechen für bare Münze nimmt. Vielleicht auch abwandern, aber wie man weis, das tun vor allem Potenzialträger ohne Perspektive im eigenen Lande.
Siebtens, der erfolgreiche Handel der Nordeuropäer mit China unter Verzicht einer local content Forderung für chinesische Unternehmen in der EU, kostet im Süden Millionen Arbeitsplätze. Durch Chinas Abwertung des Yuan steigt der Druck weiter.
Achtens, zu glauben, ein „Sozialeuropa“ könne sich den grundlegenden Regeln der Marktwirtschaft entziehen, ist ein Populist und Demagoge. Ihm sei empfohlen die – positive – Entwicklung Mexikos im Rahmen der NAFTA zu studieren: Abwertung des Peso um 50% seit Start der NAFTA in 1994 bis 2015. Exportwachstum >600%; Importwachstum < 350%; Lohnkosten 40% des griechischen Niveaus. 2013 Allzeithoch bei den Direktinvestitionen des Auslands in Mexiko.
Neuntens, ohne ein Investitionsklima, kein Wachstum. Ein Deutsches Europa sei eine Horrorvision? Wollen wir ein griechisches, ein rumänisches, ein italienisches Europa? Ein Schweizerisches! Wollen? Die Leerformelakrobaten, unter ihnen auch Herrn J.Fischer, haben nicht definiert, was denn ein europäisches Europa sein sollte.
Zehntens, solange die Arbeitskosten pro Stunde nicht deutlich unter jenen Polens Liegen, wird es kein Wachstum – also Investitionen geben. Und die auch nur dann, wenn das Investitionsklima insgesamt stimmt. Investoren werden nur tätig, wenn die Renditerechnung stimmt - alles andere wäre Harakiri - und Risiken abbildbar sind. Auch aus diesem Grunde: Greichenland muss sofort hinaus aus dem €, das schafft Klarheit und Griechenland eine neue Startbasis. Das Beispiel das das ganz klar zeigt ist Mexikos Entwicklung in der NAFTA.
Wir brauchen eine EU in der 67% der Regionen soviel wirtschaftliche Potenz und Wettbewerbskraft entwickeln, dass sie ohne Transfers bestehen können. Und welches Modell führt da am ehesten zum Ziele? Nur eine zu zwei Drittel wirtschaftlich stabile EU, kann eine soziale EU werden. Die "linke" Lehre, das ginge genau anders herum, ist wenig plausibel. Lösungswege: Es gibt nur den Weg für die Krisenländer, nämlich den die Osteuropäer oder die Mexikaner gehen. Die Politik und die EU sind offenbar zu feige das auch einmal klar zu sagen.
Die Politik hat das Maß verloren: Die hunderte von Milliarden € ,die nach Griechenland gingen sind schon längst nicht mehr vertretbar, denkt man an künftige Generationen oder die alternativen Verwendungsmöglichkeiten dieses Geldes: Das ist mehr als Juncker sich für ein gesamteuropäisches Investitionsprogramm vorstellt! Da waren 300 Millionen € angedacht.
Die Realität heute: die EU hatte im 1. Quartal 2015, macht man das mit den USA vergleichbar, ca. 30-33 (!) Millionen Arbeitslose, die „unsozialen“ USA haben nur 8,6 Millionen. Spiegelt sich da nicht der Vorteil eines großen Werte- und Kulturkonsenses wider? So ist die EU eben nicht gestrickt. Dazu kommen noch die viel größeren Unternehmungsmentalität und die gemeinsame Sprache und der gemeinsame, wenn auch etwas ramponierte Traum von den "unbegrenzten Möglichkeiten". Kein Brüsseler Beamtenapparat schafft Millionen Arbeitslosen weg. Zugegeben man bemüht sich treuherzig und glaubt mit 30 Milliarden, 300 Milliarden Investitionsvolumen generieren zu können. Nun, mehr kann der Beamte J.C.Juncker wirklich nicht machen.
Leistungsstärke erreichen, abwandern, oder das ganz einfache Leben – aber dann für alle in dem Staat! Natürlich ist das verträglich kommunizieren, aber beharrlich und in kleinen Schritten.
Leistungsstärke: Osteuropa in der EU und Mexiko in der NAFTA sind Erfolgsbeispiele in der Welt des Möglichen. Und das heißt, Kosten der Arbeitsstunde in Griechenland unter das polnische Niveau senken. Und damit auch mehr Direktinvestitionen der fortschrittlichen europäischen und außer-europäischen (China!! oder auch die USA TTIP) Länder in diesen Regionen. Die Autoindustrie hat ja einen bescheidenen Anfang gemacht, Beispiel Portugal und Slowakei.
Wanderung: Es sind 2012/13 von den 308 Millionen US Bürgern 4,7 Millionen für ein besseres Leben zwischen den Bundesstaaten gewandert. Innerhalb der EU, ca. 500 Millionen Einwohner waren jedoch nur ca. 2 Millionen dazu bereit.
Einfacherer Lebensstandard: Er ist auch in Bulgarien oder Albanien Realität.
Bei den > 30 Millionen Arbeitslosen in der EU brauchen wir Lösungen heute, nicht 2065. Jeder EU Politiker frage sich selbst, welche Bedingungen müssten erfüllt sein, damit er in Südeuropa eine Million aus seinem Privatvermögen investieren würde, er käme zu verblüffenden Antworten!
Die EU und ihre Vorgänger haben das Leben in Europa nicht nur sicherer gemacht, auch in vielerlei Hinsicht viel durchlässiger und transparenter . Vielleicht ist es besser, das Erreichte zu vervollkommnen als Mythen nachzujagen, die nicht realisierbar sind.
Dr. Johannes Rauter 24.08.2015